27.8.09

7 auf einen Streich - und stopp!

So, jetzt reicht’s. Vorgestern abend ging die letzte der sieben geplanten Messeneuerscheinungen zu einem provisorischen Andruck in die Druckerei. Die Autorin wird zwar noch das eine oder andere zu korrigieren wünschen, aber das dürfte sich in Grenzen halten.
Die neuen Titel, die zum Teil schon fertig gedruckt bei mir liegen, werden offiziell alle auf einmal Ende September erscheinen. Den nächsten Schwung an Neuerscheinungen wird’s dann erst wieder im Frühjahr geben – mir egal, was die Verträge meinen. Ich kann einfach nicht mehr. Die letzten Wochen hab ich layoutet und Korrektur gelesen, bis mir schier die Augen viereckig wurden vor dem Bildschirm. Und was ich auch nicht mehr kann und will: Mit Autoren jedes Komma und jede orthographische Einzelheit diskutieren. Auch wenn es diesmal in einigen Fällen gröbere Schnitzer abgewendet hat. (Aber die kann man bei Printing on Demand in Kleinstauflage notfalls auch immer noch nachträglich korrigieren.) In der Mehrzahl der Fälle kostet es jedenfalls den letzten Nerv. Und den brauch ich noch ;-)
Die Vorteile, einen Schwung Bücher auf einmal erscheinen zu lassen und zu bewerben (Arbeitsersparnis), überwiegen doch die Nachteile (sich nicht mehr so häufig in Erinnerung bringen zu können).
Was auch klar ist (und schon seit Jahren in mir gärt): Ich muß raus aus dem »SM-Ghetto«, muß meinen Verlag für andere Themenbereiche öffnen. Aus mehreren Gründen. Einen beschrieb sehr schön der Manager des Hazy-Osterwald-Sextetts Ende der 50er Jahre, als er seinen Schützlingen erklärte: »Ich bring euch ganz groß raus - aber nicht mit dem Jazz, den ihr im Moment macht.« Richtig Geld verdienen kann man eben nur mit dem Mainstream, nicht in einer Nische. Nicht umsonst ist mein Bestseller »Sex für Fortgeschrittene« (31.000 Stück Auflage) ein Buch, das mehr für den Mainstream als für SMer gemacht ist.
Der zweite Grund ist die geistige Hygiene, sozusagen. Immer nur SM-Bücher, nichts Politisches, kein Reisebuch - da wird man auf die Dauer verrückt ...
Sechseinhalb Wochen noch bis zur Buchmesse. Zeit genug, um das zu machen, was ich eigentlich schon vor Monaten machen wollte: Marketing. Denn was nützt es, Neuerscheinung auf Neuerscheinung zu türmen, wenn man nicht mehr die Zeit findet, sie angemessen zu vermarkten? Eine Woche wegfahren ist auch noch drin - eine Studienfahrt mit Freund D. zu den mannigfältigen belgischen Bieren, die gewiß auch ihren literarischen Niederschlag finden wird ... :-)

10 Jahre »Marterpage«

Im Februar 2008 lag es 10 Jahre zurück, daß der Marterpfahl Verlag sein erstes Buch herausgab (»Ins Röckchen gezwungen«), also seine Geschäftstätigkeit aufnahm (nachdem er zuvor schon 14 Monate auf dem Papier existiert hatte).
Jetzt, im August 2009, liegt es 10 Jahre zurück, daß er online ging. Am 12. August 1999 wurde die Website des Marterpfahl Verlags unter einer provisorischen Adresse eingerichtet, ab 18.8. dann unter der noch heute gültigen Adresse www.marterpfahlverlag.com.
10 Jahre sind eine lange Zeit, zumal im schnellebigen Internet. Zeit für eine grundlegende Überarbeitung der Verlags-Website. Ausmisten aller überflüssig gewordenen Links und aller veralteten Reportagen. Umstellung auf ein Content-management-system.
Eigentlich wollte ich zum zehnjährigen Geburtstag der Verlags-Website schon die neue präsentieren, aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Gut Ding will Weile haben. Die Einarbeitung in die neue Technik dauert doch länger als gedacht, und so werden alte und neue Homepage (letztere unter einer provisorischen Adresse) wohl noch bis nach der Buchmesse im Oktober parallel laufen.
Wer schon mal einen Blick auf die noch quasi im Rohbau befindliche neue Seite riskieren will:

So ähnlich wird's bald aussehen.

25.8.09

Obama, Hitler, »Zensursula«: Panoptikum der aktuellen Polit-Hysterien

Sie haben es schon einmal geschafft. Als US-Präsident Clinton eine Krankenversicherung für alle US-Amerikaner einführen wollte, brachte ihn eine Mischung aus Lobbyismus und verfilzten wirtschaftlich-politischen Interessen zu Fall, angereichert durch die geistige Verwirrung jener Leute, die »soziale Sicherheit« mit »Sozialismus« verwechseln.

Wird es diesmal wieder so gehen? Präsident Obamas »Honeymoon« ist vorbei, keine Frage, die 100-Tage-Schonfrist verstrichen. Die politischen Probleme (Irak, Wirtschaftskrise, Guantanamo) sind zäher als gedacht, und die von der »Obamania« gnadenlos niedergelächelten Republikaner, die ganze Bevölkerungshälfte rechts von der Mitte, erheben sich wieder, zornbebend offenbar, wütend über den Verlust ihrer einstigen »Diskurshoheit«. Der Streit um die geplante Krankenversicherung für alle kommt ihnen gerade recht – kein Vorwurf ist zu absurd, um nicht erhoben zu werden: Obama wolle nicht nur den Sozialismus einführen, sondern plane gar Euthanasie für Alte. Auf Haß-Karikaturen ziert ein Hitlerbärtchen sein Konterfei, und manches als Informationsveranstaltung geplante »Town hall meeting« wird zum übel polemischen »Town hell meeting«, wie Politiker es erschauernd nannten, nachdem sie es zum ersten Mal durchgemacht hatten. Die rechte Meute hat Schaum vor dem Mund. Und nach wie vor wird deutlich: Die USA sind ein tief zwischen links und rechts gespaltenes Land. Obamas Sieg war ja gar kein »Erdrutschsieg« gewesen. Das war nur eine minimale Kräfteverschiebung von 48 auf 52 % oder so. Aber weil bei der Wahl der Wahlmänner gilt »the winner takes it all«, egal wie knapp der Sieg war, verdeckt die hohe Zahl der Pro-Obama-Wahlmänner, wie knapp der Ausgang der Wahl in Wahrheit war. In Florida war er fast so knapp wie 2000; es dauerte Stunden, bis endlich der hauchdünne Vorsprung Obamas feststand. Eine winzige Verschiebung zugunsten der Republikaner hätte genügt, und aus Florida wären nur noch republikanische Wahlmänner anmarschiert zur eigentlichen Präsidentenwahl.

Ähnliches spielt sich derzeit in Deutschland ab, wenn auch weniger im wirklichen Leben als im Internet. Haßobjekte sind Schäuble und »Zensursula« von der Leyen. Ja, ich mag die beiden auch nicht sonderlich. Gewiß, Löschen ist besser als Blockieren. Nur ist das manchmal verdammt schwierig mit dem Löschen. Wie viele der »Zensurgegner« würden auch dann noch standhaft bleiben, wenn sie mit Foto, Namen und Adresse als »Feinde« auf einer rechtsradikalen Homepage prangten, deren Server in Aserbaidschan steht und deren offizieller Inhaber ein Liechtensteiner Rechtsanwalt ist?

Derzeitiges Zornobjekt der versammelten deutschen Internet-Gemeinde ist dieser Auftritt unserer Bundesuschi. Von einer Haßkampagne, die ihn »sprachlos mache«, spricht ein Kommentator in seinem Blog. Andere haben ihre Sprachlosigkeit überwunden, steigern sich bis hin zu absurden Vergleichen wie »Magda [Goebbels], Margot [Honecker], Ursula« und demonstrieren damit nur, daß sie ebenso jedes Maß verloren haben wie die Obama-Hitler-Vergleicher. – Dem Publikum im Saal schien’s allerdings zu gefallen, ebenso wie den meisten Zeitungskommentatoren. Mein Gott, es ist Wahlkampf in Deutschland – der bringt nun mal Sumpfblüten hervor wie »Freiheit statt Sozialismus!« (CDU 1976) oder »Wer CDU wählt, wählt Krieg!« (unser linker Ortspfarrer Anfang der 80er Jahre zu alten Leuten).

Es geht ein tiefer Riß durch Deutschland: zwischen den Internet-Vielnutzern und den Internet-wenig-bis-gar-nicht-Nutzern. Unter letzteren finden sich viele Ältere, aber nicht nur; schon in meiner Altersgruppe, der der 40- bis 50jährigen, gibt es viele, die technisch durchaus aufgeschlossen sind und keinesfalls vorgestrig, die aber mit Familie, Beruf und allerlei mehr so ausgelastet sind, daß sie kaum Zeit haben, vor einem Bildschirm herumzuhängen, egal ob Fernseher oder Internet. Die bestellen vielleicht mal was bei Amazon oder ebay, aber von den ganzen Blogs, Chats, Diskussionsforen haben sie kaum Ahnung, geschweige denn daß sie sie jemals besuchen.

Mein jüngster Bruder ist 25, Mathe-und-BWL-Student kurz vor dem Abschluß, gibt Nachhilfe, hat eine russische Freundin, sein Tag könnte 25 Stunden haben – nur einen DSL-Anschluß hat er nicht mehr, den hat er mangels Bedarf schon vor Jahren wieder abgebaut. Schreiben Sie ihm keine Email, die bleibt ewig ungelesen, rufen Sie ihn lieber auf dem Handy an, das ist ihm unentbehrlich. Falls sich hingegen jemals das Internet plötzlich in Luft auflöste, bemerkte er es wohl erst nach etlichen Monaten ...

Ganz anders die Dauerchatter, Wikipedianer, Forenstammgäste mit Tausenden von Beiträgen, die unermüdlichen »Leitartikler« der selbstverliebten »Blogosphäre«. Sie sind narzißtisch. Sie glauben sich an der Spitze des Fortschritts, den altmodischen Spießern haushoch überlegen. Sie halten sich für den Nabel der Welt, wo doch die politisierenden Blogs nichts weiter sind als eine Ergänzung der papierenen Zeitungskommentarspalten. Die meisten Beiträge der Polit-Blogs verlinken doch auf Beiträge der traditionellen Bezahl-Medien und kommentieren sie, d. h. sie kommentieren etwas, von dessen Vorhandensein die Blogger ohne die traditionellen Medien gar nichts wüßten. Wie sollte ein Freizeitblogger auch in der Lage sein, höchstpersönlich sachkundig über ein Gipfeltreffen in Vancouver zu berichten, Reportagen über die Lage in Tibet oder Afghanistan, über Giftmüllskandale in Rußland oder den Walfang in der Antarktis zu verfassen? Das können nur Profis machen, und wenn sie ihre Arbeit nicht gut genug tun, dann muß man sie ermahnen und ermuntern, aber nicht dummes Zeug vom »bevorstehenden Ende der Zeitungen« daherschwallern. Schlimm genug, daß die mitunter ideologisch verzerrte, oft unzuverlässige Wikipedia dem alten Brockhaus den Garaus gemacht hat. Wenn die Internetgemeinde heute den traditionellen Journalismus als unzureichend verhöhnt, dann ist es wie so oft: Wer mit dem Finger auf andere zeigt, auf den weisen drei Finger zurück. Mit dem Internet als billigem neuem Medium brachen die Anzeigenmärkte ein, und immer weniger Zeitungen können es sich heute leisten, Journalisten für gründliche Recherchen an einer Story freizustellen. Ein Freund von mir, Journalist bei der Stuttgarter Zeitung, deckte vor ein, zwei Jahren auf, daß eine namhafte Stuttgarter Baufirma bulgarische Arbeiter illegal ausbeutete. Dazu war tagelange Recherche nötig, stundenlange Telefonate mit Bulgarien in Anwesenheit von (natürlich bezahlten) Dolmetschern. – In Mecklenburg-Vorpommern wäre so was heute schon nicht mehr möglich: Viele Leute dort haben gar kein Zeitungsabo mehr, und wenn drei Reporter das ganze Blatt vollschreiben und ein Riesenaufgabenspektrum und -gebiet abdecken müssen, bleibt die nötige Recherche, das an sich nötige Nachhaken und Tieferbohren eben einfach auf der Strecke – zum Schaden unserer Demokratie, die ohne eine funktionierende »vierte Gewalt« ebenfalls nicht richtig funktionieren kann. Die Blogger können sie nicht ersetzen, die sind nur eine Art Schaumkrone auf dem Pils der (hoffentlich) gut recherchierten Fakten. Ist das Pils weg, fällt auch die Schaumkrone in sich zusammen ...

Daß traditionelle Medien mitunter Kampagnen fahren (gegen Hohmann und Herman, gegen die neue Rechtschreibung [FAZ]), ist nicht allzu tragisch. Wer FAZ oder taz abonniert, weiß ja, worauf er sich einläßt. Die Blogger fahren ja ebenfalls Kampagnen, etwa gegen »die Musels« (»politically incorrect«) oder gegen den Feminismus (»Genderama«). Was soll’s. Das gehört zum politischen Leben dazu.
»Man hat uns ein paar Klowände im Internet überlassen«, schrieb Eugen Maus, der Vorsitzende von Manndat, vor Jahren über die Bedeutung der maskulistischen Internetforen. In der Tat: Von der Lufthoheit über diesen virtuellen Stammtischen fällt nicht nur in China kein Sack Reis um, davon hebt auch kein deutscher Bundestagsabgeordneter die Hand gegen ein männerfeindliches Gesetz. Die Terminkalender der Bundestagsabgeordneten sind nämlich meist randvoll – und nur ganz ausnahmsweise findet sich ein freies Stündchen fürs Abhängen in irgendwelchen Internet-Diskussionsforen ...

Die Fassungslosigkeit der Internetgemeinde über den Beifall, der von der Leyen in solchen Versammlungen wie der oben entgegentost – das ist auch das fassungslose, entsetzte, plötzliche Begreifen der eigenen Marginalität: Der Mainstream des Lebens findet nicht im Internet statt. Jedenfalls noch nicht.

NACHTRAG: Der Rückblick auf die letzten Jahrzehnte sollte zur Gelassenheit mahnen. Was hat sich die APO über die 1968 geplanten Notstandsgesetze echauffiert - sie kamen trotzdem, aber wir leben immer noch in einer Demokratie. - 2020 hätten wir nur noch entwaldete, erodierte Hügel, hieß es auf dem Höhepunkt der Waldsterben-Hysterie um 1984, und es ärgert mich heute, daß ich das damals so ernst nahm. Gewiß, die Wälder sind nicht mehr so gesund wie einst, und es ist auch gut, daß die Autos Katalysatoren verpaßt bekamen, aber die ganze Sache war doch maßlos übertrieben. - Alle Gesundheitsminister würden in Zukunft nur noch an ihrer Haltung zur drohenden Aids-Pandemie gemessen werden, hieß es in einem Buch von etwa 1986. Die Pandemie gibt's höchstens in einigen afrikanischen Ländern, bei uns hat sich die Lage so entspannt, daß etliche schon wieder ZU entspannt, d. h. nachlässig und leichtsinnig geworden sind. - Vor zwei, drei Jahren konnte man keine zwei, drei Sätze lang debattieren, ohne daß der Klimawandel ins Spiel kam. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen wurde nicht mehr empfohlen, weil sie die Unfallzahlen senken könnte oder weil es generell gut ist, Rohstoffe - Öl - zu sparen, sondern nur noch weil sie vielleicht einen marginalen Beitrag zur Abwendung der angeblichen Klimakatastrophe leisten könnte. Ich glaube, wir müssen der aktuellen Weltwirtschaftskrise dankbar sein, daß sie uns erspart, alle zwei Sätze lang etwas über den Klimawandel hören zu müssen - ein geradezu glücklicher Wandel des Diskussionsklimas sozusagen ;-)

18.8.09

Verleger, Vorbild, Tausendsassa: Johann Friedrich Cotta

Er wollte mit Ballons Flugapparate konstruieren, mit denen man Bomben über Napoleons Armeen werfen könnte. Leider funktionierte es nicht. Er stritt auf dem Wiener Kongreß 1814 und anderswo für die Rechte des Buchhandels, für Copyright und anständige Autorenhonorare. Er war Landtagsabgeordneter in Stuttgart und förderte - gegen den erbitterten Widerstand der Schifferzünfte - die Dampfschiffahrt auf dem Bodensee, er baute ein Kapuzinerkloster zu einem Luxushotel um und und und: Der Tübinger Verleger Johann Friedrich Cotta.

Heruntergewirtschaftet war der Familienverlag, als er ihn erbte; als er starb, war Cotta DER deutsche Klassikerverlag schlechthin. Selbst das Rennen um Goethe gewann er; der, im Alter zickig, primadonnenhaft, starallürig geworden, hatte seine Gesamtausgabe regelrecht unter drei Dutzend deutschen Verlegern versteigert. Sieger: Cotta.


Das Stadtmuseum Tübingen widmet ihm eine Ausstellung bis zum 6. September. Der Katalog soll hervorragend sein :-)

Mal 'ne Runde schwimmen gehen
oder: Der Sinn des Tourismus

Letztes Jahr war ich dabei gewesen und hatte sie nach 70 Minuten beendet: die »Seetraversierung« quer über den Zürcher See, 2,65 km. Grund genug, auch diesmal wieder mitzumachen: am Sonntag, dem 16. August 2009.
Aufstehen am Samstag um 7.15 Uhr. Anziehen, Kaffeetrinken im Dorfladen, dort auch Abladen der Pakete für Hermes. Der Dorfladen hat im August nur vormittags geöffnet, da kann ich die am Freitag gepackten Pakete nur samstagvormittags loswerden. – Beim Ausparken muß ich mich als »Dackel« beschimpfen lassen, weil ich nicht ganz gerade eingeparkt hatte, nicht ganz platzsparend.
Bis ich alles beisammen hatte und losfahren konnte, war es 10 Uhr geworden. Erst mal nach Reutlingen, ans »Krankenbett« meiner Harley. Eine Woche zuvor hatte sie plötzlich nicht mehr starten wollen und mußte abgeschleppt werden. Doch wie sich herausstellte, hatten die Mechaniker inzwischen noch nicht einmal nachgeschaut, was ihr eigentlich fehlte. Urlaubsabsenzen, Ferienzeit, Zeitmangel, Hochsaison – verstehen Sie? (... und natürlich hat jede Schraube einer Harley auch noch Zollmaße ...) Auf dem Weg zur Werkstatt eine Umleitung.
Weiter nach Tübingen. Auf dem Weg dahin zu nachdenklich und aus Versehen zum Hofgut Einsiedel abgebogen. Interessanter Weg, aber doch nicht der richtige. Wieder zurück. – Vielleicht ist es ganz gut, daß ich mit dem Auto nach Zürich fahren werde. Auf dem klebt noch eine Schweizer Vignette, und lange Autobahnfahrten mit dem Mopped sind eh öde. Im Gewitterregen werden sie gar widerlich und gefährlich. Und das scheint ja der Standard bei diesem Sommer zu sein: Zwei Tage schwüle Hitze und dann Gewittergüsse. Ich mußte bislang den Garten noch kein einziges Mal wässern. Das sagt genug.
In Tübingen erst mal was essen, zum Frühstück hatte ich nur Kaffee gehabt. Doch der Döner neben dem »Picasso« nahe dem Bahnhof ist noch nicht fertig. Also 500 Meter weiter in den noch leeren Biergarten am Neckarufer – zum »O’batzten« (bayrischen Biergartenkäse). Neben mir führt die Inhaberin eines ... vermutlich ... Handyladens (jung, dynamisch, erfolgreich) ein Einstellungsgespräch mit einem Mann. Der arme Kerl, kann ich nach dem Hören dieser Worte nur noch denken.
Wieder ins Auto. Anderthalb Kilometer weiter. Im Freibad will ich noch eine Runde schwimmen und warm duschen – zu Hause habe ich aus Sparsamkeit den Sommer über das heiße Wasser abgedreht. – Doch der Parkplatz vor dem Bad ist proppenvoll. Nach dem Tanken also wieder zurück in die Stadt und von dort anderthalb Kilometer zum Bad gelaufen, geduscht, wieder zurück, schon wieder halb verschwitzt ins Auto. Es ist 12.50 Uhr. Im Deutschlandfunk beginnt die internationale Presseschau.
Ab nach Rottenburg, auf die A 81 nach Süden. Aber ach: Nicht nur die B 27 neu Tübingen-Stuttgart ist durch Baustellen eine Hölle geworden, auch nicht nur die Strecke Nehren-Gomaringen, auch die Umgebung von Rottenburg. Riesenumleitungen, der Weg zur Autobahn kostet mich 45 (statt 25) Minuten, zumal ich an einer Stelle auch noch falsch abbiege und einige Kilometer umsonst fahre.
Endlich bin ich auf der A 81 Richtung Süden, endlich Singen, Autobahnende, Thayngen. Kurz nach Erreichen der Schweiz stoppe ich, krame mein neues, billiges Tchibo-Handy (15 Euro) hervor. Ich bin ein eingefleischter Handyfeind, aber zur Buchmesse geht es vielleicht nicht ohne, also kaufte ich mir eins und lud die Prepaid-Karte mit 15 Euro. – Ich muß versuchen, Maria anzurufen, denke ich. Doch mein erster Versuch endet damit (nicht zum ersten Mal), daß sich ein »Pfarramt sowieso« in Deutschland meldet. Scheint (bis auf die Auslandsvorwahl) dieselbe Nummer zu haben wie Maria. Also noch mal – diesmal mit Schweizer Vorwahl. Jetzt klappt‘s. »Ich werde etwa mittags losfahren und ca. 17 Uhr da sein«, hatte ich ihr gemailt. Aber wo »da sein«? In ihrem schönen Haus in Wettingen? (Den Stadtplan hatte ich mir ausgegoogelt und ausgedruckt.) In Zürich? Jetzt rächte es sich, daß wir uns per Mail nur äußerst vage abgesprochen hatten. Ich hatte daran gedacht, mit ihr ein, zwei Stunden lang in ein Gartenlokal zu gehen, sie hingegen »erwartete mich zum Nachtessen« und war jetzt enttäuscht, enttäuscht auch darüber, daß Sibil, meine Grafikerin, nicht da war. – Auf einmal ist das Gespräch unterbrochen – als ich noch mal wählen will, bekomme ich gesagt, daß die 15 Euro Guthaben schon dahingeschmolzen sind. Ist das die Manier, sich die günstigen Handypreise über Gesprächskosten wieder hereinzuholen? Meine negative Meinung über Handys bestätigt sich.
Sorry, aber ich wenn ich »zum Nachtessen« in Wettingen bleibe, wann soll ich dann bei meinem Autor in Horgen südlich von Zürich sein? Und wie unausgeschlafen morgen bei der »Seetraversierung«?
Zürich ist voller Staus und hat auch Baustellen mit Umleitungen. Erst um ca. 17 Uhr bin ich in Horgen bei meinem Autor, dem »Rittmeister«. (Hätte ich gewußt, daß die »Westumfahrung« Zürichs seit kurzem fertig ist und man nicht mehr durch Zürich muß – viele Deutsche haben es noch nicht mitgekriegt –, wäre es natürlich schneller gegangen).
Wir essen etwas und gehen dann noch einmal steil den Berg runter in die Dorfbeiz, die auf einer häßlichen Betonterrasse an der Hauptstraße steht. Herrlich sind beim Absteigen die Blicke über den See, nur das Ortszentrum ist voller Betonklötze (denen z. T. schöne alte Bauten weichen mußten). Die Schweiz blieb vom Zweiten Weltkrieg verschont, aber an etlichen Stellen hat man den Eindruck, hier habe es Bomben gehagelt und danach sei billig, schnell und häßlich neuer Wohnraum geschaffen worden (wie bei uns in den Fünfzigern) ...
Der stündliche Bus nach oben ist schon weg, wir steigen zu Fuß langsam wieder steil hinauf zu des Rittmeisters Wohnung.
Komfortabler als letztes Jahr ruhe ich jetzt auf einer ausziehbaren Couch, aber wegen der schwülen Wärme und durch die übliche leichte Nervosität vor so einem Ereignis schlafe ich trotzdem nicht gut und bin schon halbwach, als um 6 der elektronische Hahnenschrei ertönt.
10 nach 7 gehe ich mit meinem Rucksack zum Auto. Es wird mal wieder ein herrlicher, heißer Tag. Als ich kurz nach halb 8 am Strandbad Wädenswil eintreffe, füllt sich schon der Parkplatz, und ich bin nicht wie letztes Mal einer der ersten, sondern erhalte die Startnummer 28. Mein mitgebrachtes Vorhängeschloß ist zu schmal, um über den breiten Bügeln der metallenen Spinde zugedrückt werden zu können. Wurschtetz. Wird schon keiner was klauen. Wenigstens brauch ich mir jetzt keine Sorgen zu machen, ob zwei Sicherheitsnadeln das Schlüsselchen sicher genug an meinem Badeanzug befestigen. Den schwarzen mit Beinansatz hatte ich heuer an (statt des regenbogenfarbenen vom letzten Jahr). Sollte ich 2010 noch mehr abgenommen haben, nehm ich den silbrig glitzernden String-Badebody ...
»Trottinetten und Velos sind in der ganzen Badi untersagt«, verkündete ein Wandanschlag. Ausdrücke haben die Schweizer! dachte ich. (»Trottinett« =»Tretroller«, »Badi«=»Badeanstalt«).
Meine alten Filzlatschen hatte ich auch vergessen – aber ich mußte dennoch nicht mit bloßen Füßen schmerzhaft über den Eisengittersteg zum Fährboot gehen. Der Rittmeister hatte mir ein Paar ausrangierte alte Puschen gegeben. – Herrlich das im leichten Dunst liegende Bergpanorama im Süden, Richtung Chur.
Rüber mit der Fähre nach Männedorf am Ostufer des Sees. Dort die übliche Schlange vor dem einzigen Klo (hier gibt’s halt nur einen Schiffsanleger mit Kiosk am steinigen Ufer, keine »Badi« wie in Wädenswil).
Ich setze mich hin, lausche den (leider mal wieder im Dialekt vorgetragenen) Warn- und sonstigen Hinweisen, gehe umher, entsorge die alten Puschen des Rittmeisters in den Müllcontainer, geselle mich zu den am Steg »abschwimmbereit« Wartenden. Neben mir steht eine Frau mit der Startnummer 509 auf der vorgeschriebenen signalgelbgrünen Badekappe – es stürzen sich also diesmal mehr als ein halbes Tausend Leute in die grünlichen Fluten.
Wie lange ich diesmal wohl brauchen werde? 2008 waren es 70 Minuten; mit 75 hatte ich gerechnet. Heuer bin ich zwar schlanker, aber auch schlechter im Training. Ein paar Minuten mehr als 2008 werde ich wahrscheinlich brauchen ...
24 bis 25 Grad ist der See heute warm – fast ein »Warmbadetag«, nicht zu vergleichen mit den 21 Grad von 2008. So schlecht kann der Sommer bislang also nicht gewesen sein, warm genug jedenfalls, höchstens zu feucht – der Sonntag der »Seetraversierung« ist der erste nicht verregnete seit Wochen. Schon um 8.45 Uhr plumpst die erste Welle der Startenden ins Wasser. Ich bin bei der zweiten Welle dabei; meine wasserdichte Uhr zeigt 8.52 Uhr und ein paar Sekunden, als ich mich ins laue Wasser fallen lasse.
Fast sofort finde ich mein Tempo und auch genug Freiraum dafür. Gelegentlich versuche ich ein wenig zu kraulen, aber das ist in der aufkommenden leichten Dünung zu anstrengend – und es ist auch fast wie Blindflug. Nach vorne und nach links sehe ich dabei gar nichts, unter Wasser nur eine trübe, grünliche Brühe; da haben es die »Kachelzähler«, wie die Schwimmbadschwimmer von den Freiwasserschwimmern etwas despektierlich genannt werden, schon leichter mit der Orientierung. Nach rechts sehe ich auch nicht viel mit meinem kurzsichtigen linken Auge und einer wieder einmal beschlagenen Schwimmbrille. Ich halte kurz inne, schiebe sie hoch, wische sie innen ab und setze sie wieder auf. So, jetzt habe ich wieder klarere Sicht. Und wieder weiter mit kräftigen Brustschwimmstößen. Ich mache keine Pausen wie letztes Mal, ich habe nicht mit Schmerzen oder Krämpfen zu kämpfen (wie letztes Mal), und so komme ich rascher voran als gedacht.
Ich passiere die zweite Boje, die mit der Aufschrift »1490 Meter«, d. h. so viel liegt noch vor mir – 1160 m liegen schon hinter mir, und es ist noch nicht mal ganz eine halbe Stunde vergangen. Als mir klar wird, daß eine schnellere Zeit als letztes Mal möglich ist, rühre ich Arme und Beine noch emsiger. Wenn ich’s bis um 10 ins Ziel schaffe, dann habe ich eine Zeit von 68 Minuten, zwei weniger als 2008.
Das Westufer mit dem Strandbad Wädenswil rückt immer näher. Weniger als ein Kilometer ist es jetzt noch, und es ist gerade mal etwa halb zehn ... Es ist machbar!
Noch eine Boje, eine allerletzte, wenige hundert Meter sind es jetzt noch, es ist 9.52 Uhr, eine Stunde ist seit dem Start vergangen, ich beeile mich, so sehr ich kann, steuere das trichterförmig sich verengende Zielareal an und taumle erschöpft, aber zufrieden an Land. 9.57 Uhr! 65 Minuten! 5 Minuten weniger als 2008!
Meine Startnummer wird von der Liste gestrichen, und ich kann erkennen, daß locker drei Viertel aller Teilnehmer noch auf dem See sind. Der Schnellste schaffte die Strecke in 35 Minuten.
Ich stärke mich an dem kleinen Freßpaket, das im Preis der Seetraversierung (20 Franken) inbegriffen ist, ich ziehe mich an, ich beobachte den immer noch mit signalgelbgrünen Badekappen gesprenkelten See, ich warte, bis nach rund 2 ½ Stunden der letzte Schwimmer es geschafft hat – nur den Rittmeister sehe ich nirgends. Allerdings hatte ich in die Cafeteria auch nur oberflächlich reingeschaut, und da saß er. Rheuma und Hitze hätten ihm so sehr zu schaffen gemacht, daß er um 9.49 Uhr, 8 Minuten vor meiner Ankunft, das Ufer verlassen und in der Cafeteria Zuflucht genommen habe ...
Im Auto ist es heiß wie in einem Backofen. Als ich vor dem Haus des Rittmeisters eintreffe, ist er noch nicht da, trifft aber Minuten später ein.
Die von mir mitgebrachten Maultaschen essen, dösen, mit Sibil telefonieren. Sie war gerade von einer Berlinreise zurück und hatte sichtlich wenig Lust, gleich noch mal in die Stadt zu fahren, um mit mir essen zu gehen (auch wenn sie nach einem unwilligen Laut pflichtbewußt »ja« sagte). Mir war’s auch zu heiß, und so vertagten wir unser nächstes Treffen bis auf weiteres. Es folgte ein vor Fernsehen und Rechner verbummelter Nachmittag, bis es abends Zeit war, wieder in die Dorfbeiz abzusteigen auf ein paar »Kübel« (große Biere). Meine mitgebrachten rund 130 Franken schmolzen wie Butter an der Sonne.
Relativ früh schlafen gehen, relativ früh aufstehen, Frühstück.
Montag.
Der Rittmeister fährt mit bis Schaffhausen, zeigt mir den Weg über den neuen Autobahn-»Westring Zürich«. Von den Staus in der Zürcher Innenstadt bleibt man hier verschont; von den Staus um das Limmattaler Kreuz und den Gubristtunnel, in deren Nähe sich mehrere Verkehrsströme vereinigen, nicht. Rittmeister: »Heute ist der erste Schultag, da sind halt wieder alle Trottel auf der Straße.«
Vor Schaffhausen wieder die Baustellen, die ich schon auf der Hinfahrt passiert hatte. Ewig lange Fahrt durch enge provisorische Fahrspuren, dort, wo die Autostraße zur vierspurigen Autobahn ausgebaut wird.
In Schaffhausen setzte ich den Rittmeister ab. Er würde mit dem Zug nach Hause fahren und unterwegs in der deutschen Beinahe-Enklave Jestetten billig einkaufen und an einem Kiosk nach dort für ihn abgegebener Post fragen (nicht nur Lebensmittel sind billiger im EU-Raum, auch die Post bzw. Hermes).
Ich fuhr ostwärts durch die Stadt. Geradeaus ging’s zur deutschen Enklave Büsingen – könnte man eigentlich mal besichtigen, es soll da ein Gartenlokal geben, durch das die Grenze mitten hindurchführt –, aber ich war froh, wieder heimwärts zu kommen. Also weiter über die Landstraße nach Thayngen und dort auf den Zubringer zur Bodensee-Autobahn A 81. Riesen-Lkw-Stau in Richtung Schweiz, wo am Samstag noch alles leer war. Die Schweiz hat ja nur auf Personenkontrollen verzichtet, auf Warenkontrollen nicht.
Eine Viertelstunde später war ich in Singen. Auto vor dem Rathaus parken, zu Fuß zur Post – am Samstag hatte ich in Tübingen ein Einschreiben aufzugeben und zwei Überweisungen einzuwerfen vergessen. – Döner essen. Anderswo das erste Bier dieses heißen Tages trinken. Zurück am Auto ein Knöllchen unterm Scheibenwischer hervorziehen.
Nordwärts nach Engen. Bei »Ars Vivendi« ein bißchen Branchen- und Szenetratsch und Einkauf mit erfreulich günstigem Kollegenrabatt.
Für den Besuch bei meinem »Messegirl« könnte ich eigentlich das Auto auf dem Autobahnparkplatz Eschartal stehen lassen, die in den Zaun eingebaute Drehtür aus Drahtgeflecht zur überdachten Wanderkarte am Waldrand nutzen und nach einem Kilometer – nicht durch den Wald, durch offenes Land – in ihrem Dorf sein. Aber ich bin eh viel zu früh dran, also fahre ich nach einem Spaziergang nahe dem Autobahnparkplatz wieder weiter, biege von der Autobahn ab und in ihr Dorf. Zu der Gaststätte, in der sie wohnt.
Der »Adler« ist eine leicht marode Gaststätte mit theatersinnigem Besitzer. Hinter der Gaststube der Raucherkneipe ist ein Raum mit einer Bühne; sogar Eckhard Henscheid war schon hier.
Längeres Gespräch über die Frankfurter Buchmesse und wie wir das beide auf die Reihe kriegen, Bier und Wurstsalat ...
Nach 18 Uhr weiter nach Hause. Nördlich von Balingen ist die Straße teilweise feucht, es muß geregnet haben. Als ich in Nehren aus dem Auto steige, grollt der Donner, und Minuten später pladdert der Regen, während ich schon mit einem Pils am Rechner sitze und diesen Bericht beginne ...

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Und nun wieder die Fragen aller Fragen: Er hatte zweifellos seine schönen Momente, dieser Ausflug. Aber hat er sich wirklich gelohnt? Überwiegen die positiven Momente die Kosten, den Streß beim Fahren? Eine heikle Frage. Immerhin stand ich im Stau und quälte mich durch rund ein Dutzend nervige Umleitungen, und zwei der vier Leute, die ich wiedersehen wollte, habe ich gar nicht gesehen. »Gerade noch positiv« würde ich diesmal die Gesamtbilanz ziehen; aber auch wirklich nur gerade so ...

Nachtrag 25.8.: Inzwischen habe ich ein wenig recherchiert und festgestellt, daß es sogar einen Schwimmkalender aller Schweizer Freiwasser-Schwimmveranstaltungen gibt. Eine Woche vorher hätte ich von Meilen nach Horgen schwimmen können, 2,1 km, und für ganz Harte gibt es sogar die 26-km-Strecke von Rapperswil nach Zürich. Aber auch in Deutschland wird allerlei geboten, quer über die bayrischen Seen z. B. (Starnberger See, Chiemsee), aber auch in Flüssen, etwa dem Rhein (10 km stromabwärts bei Königswinter oder bei der Loreley, mit Flossen- und Neoprenanzugspflicht, die FAZ berichtete vor Jahren darüber), oder in der Müritz oder durch den Strelasund, der Rügen vom Festland trennt, ca. 2,3 km. Bei diesem »Sundschwimmen«, dessen maximal 1000 Plätze immer ganz fix ausgebucht sind, belegen lauter Sportler aus der DDR ... äh ... aus den neuen Ländern die vordersten Plätze, solche wie etwa die fixe Jenny Wachsmuth, Jahrgang 1988, aus Dresden. 26 1/2 Minuten brauchte sie dieses Jahr für die 2315 Meter. Boah: Elf bis zwölf Minuten pro Kilometer! Ich wär schon froh, wenn ich den Kilometer mal in unter 20 Minuten schaffen würde ... Mit einer Zeit von vermutlich rund einer Stunde landete ich beim Sundschwimmen unter den letzten zehn Prozent der Finisher. Das kenn ich doch vom Laufen her ... Nein, dann geh ich lieber zu den gemütlichen Volksschwimmen, wo ich mich noch eher als richtiger Sportler fühlen kann ;-)

12.8.09

In komplexen Langzeichen ...

... jawohl, wird »Sex für Fortgeschrittene« demnächst erscheinen! Haben Sie, verehrter Leser, schon einmal einen Steuerbescheid in »komplexen Zeichen« aus Taiwan erhalten? Ich jetzt ja ...

Ein Drittel des ohnehin nicht üppigen Lizenzhonorars ist für die Steuer draufgegangen. Und dann steht da unter diesen »komplexen Charakteren« auch noch, man solle das Ganze bei seiner Steuererklärung angeben. (Ebenso steht unter den Kontoauszügen: »Meldepflicht laut Außenwirtschaftsgesetz«). Aber wie das alles gehen soll, das ist mir schleierhaft.

Wie »SexfF« wohl in »komplexen Charakteren« aussehen wird? Die Volksrepublik China hat - wie Proleten sind - die schönen, aber unpraktischen und komplizierten chinesischen Schriftzeichen grundlegend vereinfacht. Auf Taiwan, in Singapur und Hongkong werden noch meist die alten, schönen »Langzeichen« verwandt:



»Han zi« - »chinesische Zeichen« - einmal in proletarischer Kurzschrift, dann in traditionellen Langzeichen: (BITTE MARKIEREN - SEIT ICH DEN HINTERGRUND IM JANUAR 2010 AUF SCHWARZ GESCHALTET HABE, SIEHT MAN DIE BEIDEN BILDER LEIDER NUR NOCH SO - Nachtrag vom 18.1.2010)





Tja, »schau'n wir mal« - im wortwörtlichsten Sinne ...

10.8.09

Die Fahndung nach Kinderpornos, indizierte Literatur und mehr ...

Die Fahndung nach Kinderpornos scheint intensiver zu werden.

Unlängst wunderten sich meine Zürcher Grafikerin Sibil Joho und ich darüber, daß die dringend in meiner deutschen Druckerei benötigten Coverdateien für geplante neue Titel, als CD per Post geschickt, ewig lang brauchten, um anzukommen.

Endlich waren sie da, nach vielleicht einer Woche, und der Chef der Druckerei erklärte mir am Telefon: »Wir mußten zum Zollamt, um die CDs zu holen, und die Umschläge waren alle geöffnet. Man erklärte uns, man habe überprüfen wollen, ob Kinderpornos auf den CDs drauf seien.«

Natürlich waren keine drauf, noch werden je welche drauf sein. Ich habe allerdings keine Lust, meine CDs in Zukunft noch den schnüffelnden Augen - pardon, Stilblüte ... also ... äh: den übermäßig neugierigen Augen irgendwelcher Zolleute und Grenzer zu präsentieren. Also muß irgendeine andere Art des Transfers dicker Datenpakete (zu dick für Emails) her ...

Es erhebt sich auch die Frage: War das nun nur 'ne Routinekontrolle, oder sind die schon ganz speziell auf den Marterpfahl Verlag und seine Druckerei aufmerksam geworden?

Wenig später ein Anruf von einem altgedienten Erotik-Grossisten: »Eine meiner Kundinnen hat mir erzählt, ›Unterm Pantoffel‹ alias ›Die Weiberherrschaft‹ stünde auf'm Index, zwei von drei Bänden!«

Leider bin ich in solchen Situationen oft zu perplex, um gleich das Richtige zu sagen; immerhin ist mir das meiste von der folgenden geeignten Entgegnung eingefallen:

»Die alte Ullstein-Taschenbuchausgabe der neunziger Jahre ist indiziert. Meine Ausgabe nicht. Deshalb hab ich ja den Titel geändert und - in alle drei Ausgaben - ein Vorwort von Arne Hoffmann eingebaut, in dem er sich kritisch mit der Indizierungspraxis auseinandersetzt - von diversen Korrekturen des Textes abgesehen. Damit unterscheidet sich meine Ausgabe deutlich von der indizierten Ullstein-Ausgabe und müßte erst mal ein neues Indizierungsverfahren durchlaufen - von dem man mich benachrichtigen müßte. Mir ist aber nichts derartiges zu Ohren gekommen. Außerdem bedeutet Indizierung ja nur, daß das Werk nicht an Jugendliche verkauft werden und in für Jugendliche zugänglichen Räumen zur Schau gestellt werden darf. Und wenn Ihre Kundin einen Sexshop betreibt [das tat sie], dann ist eh alles im grünen Bereich, selbst wenn mein Werk indiziert wäre, denn Jugendliche haben dort ja keinen Zutritt.« - »Ah so«, erwiderte mein Gesprächspartner etwas verdattert.

Eigentlich hätte ich ihn fragen müssen - und seine Kundin -, wie lange sie eigentlich schon in der Erotikbranche arbeiten, daß sie das nicht wissen ... Nun ja, Pisa ;-)

PS: Die CDs hatte Sibil nicht nur an die Druckerei, sondern auch in Kopie an mich geschickt. Die Exemplare für mich kamen genauso spät an, allerdings direkt im Postfach; ich mußte mich nicht auf den Zoll bemühen. Ob sie geöffnet und kontrolliert wurden, kann man nicht so recht erkennen ... Aber nebenbei: Für wie doof halten die »Ämtler« eigentlich eine Druckerei, Kinderpornographisches auf Papier zu drucken und zu vertreiben? So was soll doch nur in geheimen Zirkeln im Internet kursieren ...

»Zeig brav ›Heil!‹ und nicht den Vogel, Elschen!« rief Mama Queenmom ...

  ... und sie tat's, Klein-Elschen. In der Bildmitte die spätere Queen Elisabeth II, links die spätere "Queenmom", rechts der ...